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WIP: Persuasion - Kapitel 1 und 2
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Titel: "Beobachter"
Fandom: Persuasion (ITVs Version von 2007)
Charaktere: Harville, Anne/Federick
Rating: Alles
Zusammenfassung: Comment!fic aus Captain Harvilles Sicht, weil ich mich immer gefragt habe, wie er die ganze Geschichte gesehen hat.
Disclaimer: Alles Austen und ihren Erben, nichts davon ist mir.
Anmerkungen: Einzelne Szenen der Serie sind entsprechende kurze Kapitel. Bisher gibt es nur zwei.
Beta: Ungebetat. Wie immer gehören die Fehler mir.
Begegnung in Lyme
(1/?)
Er kannte ihn seit Jahren und er wusste um Anne Elliot. Nachdem sie sich getroffen hatten, waren sie schnell Freunde geworden. Sie glichen sich. Beide kamen aus bescheidenen Verhältnissen, wollten sich in der Marine ihren Lebensunterhalt verdienen und Erfolg haben. Sie suchten nicht nur das schnelle Abenteuer, sondern gesellschaftliche Anerkennung. Sie wollten mehr sein, als nur ihr Status, und das konnte die Marine ihnen geben.
Hatte Harville sich aus einem Leben ohne Perspektiven der einzigen Alternative zugewandt, die er kannte, so war dies bei Wentworth nur einer der Gründe. Es hatte nicht lange gedauert und der junge Mann hatte sich ihm anvertraut. Sie waren in einem der zahllosen Hafenkneipen gewesen, die sie oft besuchten in diesen Tagen. Keiner ihrer Kameraden war mehr da und sie beide saßen allein an einem der dreckigen Holztische. Um sie herum war es laut und hektisch und sie waren bereits betrunken genug, damit ihnen das alles egal war. Frederick war die letzte halbe Stunde sehr ruhig gewesen und Harry spürte, dass seinen Freund etwas beschäftigte. Doch er fragte nicht danach. Er ließ ihn in Ruhe, denn er wusste, dass er es ihm sagen würde, wenn er bereit dazu war.
Der Wirt stellte einen neuen Krug mit Ale auf den Tisch und ließ die beiden Matrosen wieder allein. Als die Becher gefüllt wurden, schaute Frederick hoch und es verschlug Harville die Sprache, wie viel Schmerz er in den Augen seines Freundes sah. Es schien, als sei ein Schleier gelüftet worden, der sich schwer und dunkel über die Verzweiflung gelegt hatte und jetzt all die Gefühle entblößte, die im Inneren seines Kameraden tobten.
„Ich habe sie geliebt.“, war das erste, was dieser sagte und Harry verstand sofort, dass es um ein gebrochenes Herz ging.
An diesem Abend erzählte ihm Frederick die ganze Geschichte und so sehr sein Freund auch versuchte die Frau zu hassen, die ihm das angetan hatte, hörte, sah und fühlte Harville in jedem Wort, jedem Blick und jeder Geste, wie sehr er sie noch liebte und wie sehr er unter ihrem Verlust litt.
Ein gebrochenes Herz braucht Zeit um zu heilen und wenn sie etwas gehabt hatten an den langen Tagen und noch längeren Nächten unter fremden Sternenhimmeln und auf unbekanntem Boden, dann war es Zeit. Er hatte beobachtet, wie Wentworth sich langsam begann, von dieser Liebe zu erholen und sich mit Enthusiasmus und Willen seinen neuen Aufgaben widmete. Die Zeit verging und mit ihr der Schmerz, der den jungen Matrosen aufs Meer und in den Krieg getrieben hatte. Sie waren Freunde geworden und er wusste, dass es eine Freundschaft war, die ein ganzes Leben halten würde. Ein Leben, das in den letzten acht Jahren zu beruflichem Erfolg geführt hatte, zu dem heutigen Tag und der heutigen Stunde.
Kurz drehte Harville sich um und schaute Benwick an. Er hatte den gleichen hoffnungslosen Ausdruck in den Augen wie Frederick ihn gehabt hatte, als sie sich begegnet waren und es tat ihm leid, dass er nicht in der Lage war, dem jungen Mann zu helfen. Als er wieder nach vorne sah, erblickte er die kleine Gruppe von Spaziergängern, bei der eine Gestalt im dunklen Mantel weilte. Ein Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus, denn diese Silhouette würde er überall erkennen.
„Frederick!“, rief er und sein Freund drehte sich zu ihnen. Sie liefen aufeinander zu und umarmten sich herzlich. Für wenige Sekunden sahen sie sich an und die pure Freude der Wiederbegegnung strahlte aus ihren beiden Gesichtern. Während sie sich immer noch angrinsten, kamen die Begleiter Fredericks auf sie zu. Es war eine Gruppe von 5 Personen, vier Frauen und ein Mann. Wentworth wendete sich zu ihnen hin und begann, sie einander vorzustellen. Als letztes fiel sein Blick auf die junge Frau mit den schwarzen Haaren und sanften Augen. Er hörte das kurze Zögern in der Stimme seines Freundes, auf das der Name der Dame folgte: Miss Elliot. Überrascht musterte Harry sie kurz.
„Anne Elliot?“, fragte er und wusste doch schon die Antwort.
Sie nickte. „Ja.“
Sein Blick glitt prüfend zu Frederick hinüber. Doch dieser schaute ihn nicht an, mied seine und auch ihre Augen. – Das war sie also: Anne Elliot, die Frau, die Fredericks Herz in ihren Händen gehalten und es dann zerbrochen hatte. Während sie zurück zum Haus gingen, streifte sein Blick sie immer wieder. Sie schien eine stille Person zu sein, aber durchaus freundlich. Was Frederick von der Wankelmütigkeit ihres Charakters erzählt hatte, passte nicht zu der Erscheinung, die er vor sich sah. Acht Jahre waren eine lange Zeit und ein Mensch konnte sich ändern, doch im Stillen war er sich nicht sicher, ob es das war, was nicht zu dem Bild passte, dass Frederick gezeichnet hatte. Er hörte das leise Seufzen seines alten Kameraden und schüttelte unmerklich den Kopf. Die Situation war ganz und gar nicht angenehm für beide Parteien und er fragte sich, wie Frederick in die Verlegenheit von Anne Elliots Gesellschaft gekommen war – die Frau, die er versuchte zu meiden und, da war Harville sich nach einem Blick auf Frederick sicher, tief in seinem Innern immer noch liebte.
***
Dinner in Lyme
(2/?)
Das Essen hatte fast familiären Charakter. Die Musgrove-Schwestern redeten die ganze Zeit. Sie waren jung und erfrischend und Harry verstand gut, weshalb sich Frederick in ihrer Gesellschaft wohl fühlte. Sie schienen ehrlich und offen und besonders Louisa entpuppte sich als lebhafte junge Frau. Harville lächelte. Es würde ihn nicht wundern, wenn eine der beiden Mädchen bald Misses Frederick Wentworth wäre. Während er seinen Freunden zuhörte, wurde sein Blick von Benwick gefangen. Er schien ins Gespräch mit Miss Elliot vertieft. Seine Züge wirkten nicht ganz so verzweifelt wie sonst und Harville beobachtete, wie Anne Elliot ihm tatsächlich ein Lächeln entlockte. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Das war interessant. Er hatte Benwick seit Wochen nicht mehr so offen gesehen, nicht seit… Ein Schmerz legte sich um seine Brust und presste sein Herz zusammen. Er hatte seine Schwester geliebt und Benwicks Verlobung mit ihr begrüßt. Dass seine Eltern auf dieser langen Verlobungszeit bestanden, hatte er nicht gut geheißen, aber verstehen können. Doch jetzt war es zu spät. Fünf Jahre hatte die Entscheidung seiner Familie das Pärchen gekostet, das ihm so nahe gestanden hatte und er bereute noch immer, nicht mehr für sie getan, nicht noch einmal Fürsprache bei seinen Eltern für seine Schwester und seinen guten Freund gehalten zu haben. Er seufzte und beobachtete Miss Elliot. Sie schien gefasst und ruhig, er hörte nicht, was sie sagte, doch ihre Stimme war warm und gleichmäßig, ordnete sich in den Klangteppich der Gespräche um ihn herum ein und war doch immer noch so markant, dass man sie leicht herausfiltern konnte.
Amüsiert betrachtete er die Gesellschaft und das stumme Spiel der beiden ehemals Verlobten. Immer wieder sahen Frederick und Anne einander an, stahlen sich Blicke in die entgegen gesetzte Richtung, wenn der andere nicht hinsah. Es tat förmlich weh, die beiden so zu sehen, getrennt von einer viel zu hohen Mauer, die in acht Jahren errichtet worden war und deren Grund solide und ehern stand. Er bezweifelte, dass es ihnen gelingen würde, sie einzureißen, nicht, wenn Miss Louisa Musgrove einen viel einfacheren und leichteren Pfad zu bieten hatte.
Harville seufzte. Dass Miss Elliot sich so selbstlos Benwicks annahm und für ihn von der allgemeinen Unterhaltung des Abends absah, zeigte deutlich, welchen Charakter sie hatte und sein Bild von ihr geriet mehr und mehr ins Wanken.