ext_49645 ([identity profile] dunderklumpen.livejournal.com) wrote in [community profile] dunder_fic2010-05-24 01:05 am

NCIS: "Was wäre, wenn..." (McGee/DiNozzo)

Autor: Dunderklumpen
Titel: "Was wäre, wenn..."
Fandom: NCIS
Genre: Drama, AU
Personen: McGee, Tony Friendship
Rating: NC-12
Word Count: 1.752 Wörter.
Zusammenfassung: "Das Auto fuhr an und Tony sah, wie McGee den Kopf drehte. Die plötzliche Erkenntnis stand ihm ins Gesicht geschrieben, als er reagierte – doch es war zu spät."
Was wäre gewesen, wenn das Auto, dass McGee am Anfang von "Stakeout" nur knapp verpasst hat, ihn überfahren hätte? Die Geschichte endet eigentlich vor dem Epilog, der mir etwas später in den Sinn kam und eine Art Mini-Sequel war, den ich zum Abschluss einfach brauchte. Deshalb hängt er an der Story mit dran, kann aber auch gerne ignoriert werden.
Warnung: LEICHTE SPOILER FÜR SEASON 5, Folge 512 "Stakeout" und eine Kurze Erwähnung der Grenoiulle-Storyline aus Season 4.
Beta: 1.000 Dank an Jen alias "spezieller special agent" für die Korrekturen.
Disclaimer: NCIS ist das Eigentum von Donald P. Bellisario und CBS.


 

„Was wäre, wenn…“

Tony hielt das Fernglas gegen die Augen gepresst. Mein Gott, McGee war wirklich ein Freak! Und es machte Spaß ihn zu ärgern! Lachend beobachtete er, wie der Jüngere sich von der blonden Prostituierten löste, um über die Straße zu laufen.

Und da passierte es.

Das Auto fuhr an und Tony sah, wie McGee den Kopf drehte. Die plötzliche Erkenntnis stand ihm ins Gesicht geschrieben, als er reagierte – doch es war zu spät. Er hatte keine Zeit mehr auszuweichen – sein Körper schlug mit einem dumpfen Knall auf der Windschutzscheibe auf. Die Bremsen quietschten laut, McGee wurde zurückgeschleudert und knallte auf die Motorhaube, bevor er hart auf der Straße landete. Der Asphalt begann sich rot unter ihm zu verfärben als das Auto zurücksetzte und mit durchdrehenden Reifen davon fuhr.

Als McGee erfasst wurde blieb Tony das Herz stehen.

„Tim!“ rief er und rannte los. Auf dem Weg die Treppe hinunter holte er sein Handy aus der Tasche und klappte es auf.

„Hier Agent DiNozzo, NCIS, ich brauche einen Krankenwagen- Ecke Longstreet 107. Ein Agent wurde von einem Wagen angefahren. Beeilen sie sich!“

Der Anruf war erledigt als er aus der Tür stürzte und zu McGee rannte. Er ließ sich neben ihm auf die Knie nieder.

Er hatte schon viel in seiner Laufbahn gesehen: Wände voll gespritzt mit Blut; Eingeweide und Gedärme, die aus Leichen quellten; Erschossene, Erwürgte, Ertrunkene; menschliche Körper, die tagelang im Wasser gelegen hatten und Fleischklumpen, von denen man nur noch ahnte, dass sie einmal menschlich gewesen waren. Doch es war etwas vollkommen anderes, wenn es jemanden betraf, den man kannte. Es war etwas vollkommen anderes, wenn es ein Freund war, der blutend vor einem lag...

Aber Gefühle konnte er sich jetzt nicht leisten. Automatisch führte er die geübten Bewegungen durch, checkte den Atem und den Puls. Er sah, dass das rechte Bein in unnatürlichem Winkel von Tims Körper abstand, verdreht und irgendwie falsch. Tony wusste, dass er ihn nicht bewegen durfte, doch er musste die Blutung stoppen. Neben Timothys Kopf hatte sich eine rote Lache gebildet. Sie wurde größer und der Agent sah mit Entsetzen, wie das Leben aus seinem Freund heraus floss.

Die Sirenen des Krankenwagens hallten in den Straßenschluchten wider und schreckten DiNozzo auf. Sanitäter kamen mit ihrer Notfallausrüstung und scheuchten ihn zur Seite. Sie stellten Fragen und er antwortete so gut er konnte, aber bekam nicht wirklich mit, was um ihn herum geschah. Er sah nur McGee, welcher kreidebleich und mit einer Sauerstoffmaske über Mund und Nase da lag.

Eine Hand berührte ihn. Er drehte sich um und sah aus glasigen Augen Gibbs – er bewegte die Lippen, doch Tony hörte ihn nicht. Zwei starke Hände packten ihn an den Schultern und schüttelten ihn.

„Tony, was ist passiert?“

Es war, wie in einem dieser Filme. Mit einem Schlag katapultierte es ihn zurück in die Realität. Die Farben waren blendend und hell, so dass er blinzeln musste. Die Konturen wurden gestochen scharf und die gedämpfte Geräuschkulisse zersplitterte in einzelne Töne – die Sirene des Krankenwagens, das Gemurmel der Umstehenden und die dunkle Stimme von Gibbs.

„Was ist hier passiert, Tony?“, wiederholte sein Teamchef fragend. DiNozzo kannte diesen Ton und wusste, dass Gibbs Geduld am seidenen Faden hing.

„Tim hat Lunch besorgt und war auf dem Weg zurück. Er wollte über die Straße und ein Auto hat ihn erfasst. Der Fahrer ist abgehauen. Ich hab sofort Hilfe gerufen.“

Gibbs sah DiNozzo an, dass aus ihm momentan nicht mehr herauszubekommen war und ließ von ihm ab.

„Ziva, Appartement“, bellte er und zog den jüngeren Agent hinter sich her. „Tony und ich fahren ins Krankenhaus.“

Die Israelin nickte stumm und ging Richtung Hauseingang. Die Sorge stand ihr ins Gesicht geschrieben.

****

Es roch nach Krankenhaus.

Er hasste den Geruch!

Es war eine Mischung aus Desinfektionsmittel und Medizin, aus Krankheit und Tod, die aus den Menschen zu kommen schien, die in ihren Betten lagen. Schon als Kind hatte er diesen speziellen Duft gehasst. Und selbst als er mit Jeanne zusammen war, hatte es nichts daran geändert, dass sich ihm die Nackenhaare aufstellten, sobald er die Station betrat.
Für einen Agenten des NCIS war es lächerlich, so zu reagieren. Dafür mussten sie viel zu oft in Krankenhäuser, um Zeugen zu befragen. Mit den Jahren gewöhnte er sich daran, aber das hieß nicht, dass es ihm egal war.
Nun saß er auf dem Gang, Gibbs neben sich. Er hielt einen Plastikbecher mit Kaffee in der Hand, welcher schmeckte als hätte er seit Tagen auf der Wärmeplatte gestanden. Die braune Brühe wurde langsam kalt. So sehr er es auch wollte, er bekam die Bilder nicht los. Immer und immer wieder sah er Tim, wie er auf die Scheibe krachte, hörte den dumpfen Schlag und das Splittern von Glas. Er hörte die quietschenden Bremsen und sah die Wucht, mit der der zerbrechliche, menschliche Körper auf den harten Asphalt krachte.

‚Reiß dich zusammen, Tony. Reiß dich gefälligst zusammen!’

****

Die Ärztin stand plötzlich vor ihnen. Er hatte gar nicht bemerkt, wie sie den Gang hinunter gekommen war.

„Doktor?“ Seine Stimme klang rau und so gar nicht nach ihm. Bis heute hatte er nicht gewusst, wie viel Ungesagtes und Ungefragtes in einem einzigen Wort mitschwingen konnte. Er schaute die Frau an. Sie war hübsch – langes blondes Haar zu einem Knoten im Nacken geschlungen. Seine Augen wanderten ihren Körper entlang. Schlank, gute Kurven – ganz sein Typ. Doch das alles nahm er nur sekundär wahr. Das einzige, was er wissen musste, war, wie es Tim ging. Alles andere war zweitrangig. Sein Hirn schaltete auf Autopilot. Es war pure Gewohnheit für ihn – so wie man sich jeden Morgen die Zähne putzte oder die Haare kämmte – zu schauen, zu beurteilen und abzuschätzen, ob sie potenzielles DiNozzo-Material war. Doch es war jetzt nicht wichtig. Er wollte nur eines: Eine verdammte Antwort!

Sie begann. Erklärte, fasste zusammen…

„… können wir noch nicht mit Sicherheit sagen, inwiefern sich die Verletzungen auswirken. Er ist hart mit dem Kopf aufgeschlagen und es müssen weitere Untersuchungen gemacht werden, sobald er zu Bewusstsein kommt. Vorerst ist er stabil. Wenn sie möchten, können sie zu ihm. Aber nur kurz. Nicht länger als 5 Minuten, bitte.“

Mit diesen Worten nickte sie den beiden Männern noch einmal zu und ging Richtung Rezeption.

****

Timothy lag in den sterilen weißen Kissen des Krankenhausbettes. Er sah jung aus, verletzlich. Schläuche steckten in ihm, kamen aus Armen, Händen und Nase. Die Sauerstoffmaske verdeckte immer noch sein Gesicht. Doch der Teil, den man sah, wirkte entspannt. Kein Muskel regte sich. DiNozzo glitt auf den Stuhl, der neben dem Bett stand. Er streckte seine Hand aus und für einen kurzen Moment berührten seine Fingerspitzen McGees Arm. Die Haut war warm und trocken. Erst mit Tonys Hand im Vergleich sah man, wie weiß Tim wirkte, wie sehr seine Farbe dem Bett ähnelte, in dem er lag.

„Halt durch, Tim.“, sagte Tony in die Stille des Zimmers, welche nur von dem regelmäßigem Piepen und Zischen der Instrumente unterbrochen wurde. „Halt durch, mein Freund.“

****

Abby hyperventilierte. Sie reagierte genauso, wie Tony es erwartet hatte. Als sie ihn sah schlang sie ihre Arme um ihn und drückte ihn fest. Er gab nach und lehnte sich an sie, fiel in die Arme, die ihn umklammerten. Es war tröstlich.

****

Es brachte nichts, zu fragen, warum. Manchmal gab es eben keine Antworten. Er wusste, dass „was wäre, wenn…“ nichts brachte. Aber er konnte es nicht lassen. Die Nacht war kurz, als er den Unfall immer und immer wieder durchlebte. Er lag im Dunkeln seines Schlafzimmers und fragte sich: Warum musste das passieren?
Wie oft hatten sie vor dem geladenen Lauf einer Pistole gestanden, die auf sie gerichtet war. Und wie oft war nichts geschehen! Es war Ironie des Schicksals, dass ein simpler Autounfall Schuld trug. Keine Kugel, die sich durch Fleisch brannte, kein Messer, das sich durch Eingeweide schnitt. Nur vier Reifen eines schwarzen Wagens. Es war lachhaft!
Warum? Und weshalb McGee?
Was wäre gewesen, wenn er das Essen geholt hätte? Technisch gesehen war er an der Reihe. Doch es hatte viel zu viel Spaß gemacht, McGee zu ärgern. So lange bis der Jüngere nachgegeben hatte und losging, um diese verdammten Rühreier zu besorgen.
Was wäre gewesen, wenn er nur 2 Minuten später wiedergekommen wäre? Dann wäre der Wagen längst nicht mehr da gewesen und McGee säße jetzt sicher und gelangweilt vor der Videokamera in dem Raum, der seit Wochen ihr zweites Zuhause darstellte.
Was wäre gewesen, wenn Tony ihn nicht abgelenkt hätte, wenn die blonde Hure ihn nur wenige Sekunden länger ins Gespräch verwickelt hätte, wenn er den Wagen noch rechtzeitig gesehen hätte?
Was wäre gewesen, wenn er rechtzeitig hätte ausweichen können?
Was wäre, wenn…?
Es brachte nichts, das „Was wäre, wenn“-Spielchen zu spielen – und er wusste es ganz genau.

****

Der Anruf kam am nächsten Morgen. Er hatte sich geduscht und zweimal die Zähne geputzt. Trotzdem wurde er den eisernen Geschmack nicht los. Sein Handy klingelte in dem Moment, als er sich gerade die Schuhe anzog. Es war Abby.
Mit klammen Fingern klappte er das Display auf und presste das Handy ans Ohr.
Sekunden wurden zu Stunden, bevor er auflegte und sein Telefon mit einem Schnappen schloss. Müde fiel er auf den Stuhl in der Diele und bettete das Gesicht in die Hände.
‚Gott sei Dank! McGee war überm Berg!’

 

****

 

Epilog

 

„Mir geht es besser, Abby. Wirklich!“, jammerte er.

„Keine Widerrede. Tim. Du wurdest vom Auto überfahren. Erzähl mir nicht, dass es dir gut geht."

McGee verdrehte die Augen und kassierte einen Puffer gegen den Arm.

„Aua!“ 

„Oh, entschuldige Tim, hat es wehgetan?“ Abbys Stimme war zuckersüß und schmeichelnd. Zu süß für seinen Geschmack.

„Ja.“, erwiderte er vorsichtig. 

„Gut so! Wag ja nicht, den starken Mann zu spielen. Du bleibst liegen und kurierst dich aus! Ich hab Todesängste um dich ausgestanden, du Idiot!“

Tim sah die dunkelhaarige Forensikerin an. Sie hatte ein Lächeln auf dem Gesicht, aber ihre Augen verrieten sie. 

„Komm her, Abby“, sagte er nur und öffnete seine Arme soweit es ohne Schmerzen ging. Abby legte ihre Wange an seine Brust. Vorsichtig, damit sie ihm nicht wehtat, umarmte sie ihn. Es fühlte sich gut an.

Die Tür ging auf und Tony preschte ins Zimmer. „Aijaijai, was sehen meine entzündenden Augen. Offensichtlich scheint es Probie besser zu gehen als ich dachte, wenn er schon wieder turteln kann.

Abby löste sich von Tim und boxte Tony hart gegen die Schulter, bevor sie auch ihn an ihr Herz drückte. 

„Du bist und bleibst ein Trottel, Tony“, sagte sie lachend.

Tony und Tim sahen sich an und grinsten. – Ja, es war alles wieder beim Alten.


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