3.104 Wörter.
Reid/Rossi, In meiner Badewanne bin ich Kapitän, Schaumbad/Fluff.
Criminal Minds ist das Eigentum von CBS.
. Aufgrund von Zeitproblemen wurde ein wenig hin- und hergeschoben, so dass ihr meine Geschichte schon heute bekommt. Also nicht wundern, bitte.
war ein Schatz und hat eine erhebliche Menge Fehler gesucht, gefunden und verbannt. 1.000 Dank nochmal dafür. Der verbleibende Fehler-Rest ist allein mein Verdienst.
„Zeit der kleinen Wunder“
Der Wind pfiff laut heulend ums Haus und draußen schien die Welt unterzugehen. Es schneite dicke Flocken und man konnte nichts als Schemen erkennen, so dicht zog der Schneeschleier vor dem Wohnzimmerfenster vorbei. Rossi ließ die Gardine los und ging zurück zu seinem Sessel. Es war sein Lieblingsmöbel, das mit ihm durch drei Beziehungen und insgesamt 6 Wohnungen gezogen war. Das alte Leder knarrte, als er sich setzte und zu der Tasse dampfenden Tees griff, die neben ihm auf dem Beistelltisch stand. Dezente Musik drang aus dem Lautsprecher seiner Anlage und vorsichtig nippte er an der warmen Flüssigkeit, um sich nicht den Mund zu verbrennen. Dann stellte er die Tasse zurück und griff zu dem Buch daneben. Fast zärtlich ließ er die Fingerkuppen über den brüchigen Rücken fahren. Er liebte den Geruch alter Bücher. Sie hatten so viel gesehen, waren schon durch so viele Hände gegangen. Einen Moment hielt er inne, als der Wind erneut ein Pfeifen von sich gab. Das war ein Wetter, bei dem er nicht einmal einen Hund vor die Tür schicken würde.
Gemütlich schlug er die Beine übereinander und sein Buch an der Stelle auf, an der er das letzte Mal zu lesen aufgehört hatte. Es wurde dunkler draußen. Vertieft in die Geschichte, hörte er das Klopfen zuerst nicht. Als es dann an seine Ohren drang, dachte er, er würde sich täuschen. Wer, um alles in der Welt, war so verrückt und bei diesem Wetter draußen unterwegs?
Ein drittes Klopfen, diesmal etwas lauter, knackte gegen das Holz seiner Tür und mit schnellen Schritten war er am Eingang. Wer auch immer es war, er musste schleunigst aus dieser Kälte raus ins Warme. Prüfend blickte er durch den Spion, eine Angewohnheit, die er sich nach seinen ersten Fällen zu Eigen gemacht hatte, aber er konnte nur einen Schatten erkennen, umgeben von weißen Flocken. Zögernd öffnete er die Tür. Sein Blick fiel auf den jungen Mann, der davor stand.
„Reid?“
Der Angesprochene reagierte nicht, sondern verharrte wie angewurzelt vor der Tür, durch die Schnee und Eis kalt hereinwehten.
„Komm rein, schnell.“ Damit ergriff Rossi Reids Arm und zog ihn in den Flur. Mit Kraft schloss er die Tür, die der Wind aufzudrücken drohte und drehte sich dann zu seinem unverhofften Gast um.
„Was zum Teufel hast du da draußen verloren?“ Es war die erste Frage, die ihm durch den Kopf ging, als er das durchgefrorene Bündel sah, das vor ihm stand.
Zitternd griff Reid zum Reißverschluss seiner Jacke, öffnete sie ein Stück und holte ein Buch darunter hervor.
„D-d-d-das w-w-w-wollte ich-ch dir g-g-geben.“ Stoßweise sog er die Luft beim Sprechen ein, so kalt war ihm. Seine blauen Lippen zeugten ebenfalls davon, dass er ziemlich durchgefroren sein musste.
Rossi ergriff das Buch und starrte es an. „Du bist in dem Sturm unterwegs, um mir ein Buch zu bringen?“
„I-i-i-ich…“, begann der junge Profiler wieder, als Rossi endlich reagierte und das Buch achtlos auf die Kommode legte. „Komm erst Mal richtig rein.“ Damit scheuchte er Reid ins Wohnzimmer.
„Du musst aus den nassen Klamotten raus. Am besten, du nimmst ein Bad, um dich aufzuwärmen. Ich lass dir eins ein. Damit verschwand er nach links, wo wahrscheinlich das Badezimmer lag.
Reid stand immer noch in der hell erleuchteten Wohnung, die so einladend und warm aussah, doch viel merkte er nicht davon. Er hatte das Gefühl, jeder einzelne Muskel in seinem Körper sei steif gefroren und er hatte nicht einmal mehr die Kraft, seine Schuhe oder Jacke auszuziehen. Dass er Rossi das Buch gegeben hatte, hatte seine letzten Reserven erschöpft und es war alles, was er tun konnte, sich nicht hier auf der Stelle auf den Boden zu legen und zu schlafen.
Als Rossi das Wohnzimmer erneut betrat, sah er Reid immer noch so dastehen, wie er ihn verlassen hatte. Er seufzte und ging auf den Jungen zu, begann, sich am Reißverschluss der Jacke zu schaffen zu machen und half ihm, sie auszuziehen. Reid war zu erschöpft, um wirklich zu verstehen, was passierte. Das Einzige, woran er denken konnte war, dass er bald aus den nasskalten Kleidern raus und in einem heißen Bad sein würde. Seine Zähne schlugen immer noch unfreiwillig aufeinander, als Rossi sich bückte, um ihm die Schnürsenkel zu öffnen. Als er mit sanfter Gewalt Reids linkes Bein anhob, wäre dieser fast umgekippt und musste sich auf den Schultern des älteren Profilers abstützen. Dieser ließ sich davon jedoch nicht irritieren und zog Spencer weiter systematisch aus, half ihm aus Jacke, Hemd und Hose bis er nur noch in seiner Unterwäsche dastand. Dann drängte er ihn mit sanfter Gewalt Richtung Badezimmer.
Reid spürte die Hand in seinem Rücken, die heiß auf seiner kalten Haut lag. Sie drückte ihn vorwärts und willenlos folgte er der Richtung, die sie vorgab. Dass er gerade in seiner Unterwäsche in David Rossis Wohnung stand, fiel ihm nicht auf, so sehr konzentrierte er sich darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Im Bad angekommen wendete Rossi sich ihm besorgt zu.
„Schaffst du es allein, Spencer, oder brauchst du Hilfe?“
Dass Rossi ihn beim Vornamen nannte, lichtete für wenige Sekunden den Nebel, der seinen Verstand eben so umhüllte, wie der Schneesturm die Bäume und Häuser vor der Tür.
„N-n-nein…“, bibberte er, „d-d-danke.“ Nachdem Rossi das Bad verlassen und ihn in dem Raum allein zurück gelassen hatte, schaffte es Reid, mit letzter Kraft die Unterwäsche abzustreifen und in die Wanne zu steigen.
Das Wasser schien brennend heiß, gerade noch an der Grenze des Aushaltbaren. Doch er ignorierte das Stechen, mit dem sein unterkühlter Körper sich wehrte und glitt seufzend tiefer bis nur noch sein Hals und sein Kopf aus dem Schaum hervorlugten. Müde rollte sein Schopf gegen den Badewannenrand und er schloss die Augen, das Gefühl von tausend Messerstichen überall präsent. Wenige Minuten später war es verschwunden, ebbte ab, bis nichts mehr übrig war als wohlige Wärme, die sich langsam in all die versteckten Ecken seines Körpers stahl, von denen der Frost Besitz ergriffen hatte.
So lag er da, völlig entspannt und seine Gedanken wanderten ins Leere. Fünf Minuten, zehn Minuten, zwei Stunden, drei Tage, vier Monate, ein Jahr… er hatte das Zeitgefühl völlig verloren, konnte nicht mehr sagen, wie lange er hier schon lag, als es an der Tür klopfte.
„Kann ich reinkommen?“ Rossis dunkle Stimme klang gedämpft von der anderen Seite.
„Ja.“, Reids Antwort war nur ein Krächzen und er räusperte sich. Ein letzter Blick, ob der Badeschaum auch alles verdeckte und er rief erneut: „Ja, komm rein.“
Die Tür öffnete sich und Rossi trat ein. Auf dem Arm hielt er ein Handtuch und etwas, was wahrscheinlich ein Bademantel war. Er legte beides auf das Regal neben der Wanne.
„Ich hab nach Kleidung für dich gesucht, aber nichts in deiner Größe gefunden. In die Breite würdest du wahrscheinlich doppelt reinpassen, aber in die Länge.“ Er zuckte mit den Achseln. „Ich hab dir zumindest frische Unterwäsche und einen Bademantel gebracht. Wenn es dich nicht stört, dann kannst du gerne im Mantel bleiben bis deine Sachen trocken sind. Ich hab sie vor einer Dreiviertelstunde in den Trockner gesteckt und sie müssten bald fertig sein.“
Reid nickte. „Bin ich schon so lange hier drin?“
Nun war Rossi an der Reihe zu nicken.
„Ja.“ Er pausierte kurz, bevor er meinte: „Dir ist wieder warm?“
„Ja, das Bad war genau das Richtige. Ich hab vorhin meinen Körper nicht mehr gespürt.“
„Das hab ich gemerkt.“ Rossi schenkte ihm ein Lächeln. Dann drehte er sich um und ging in den Flur. „Ich bin im Wohnzimmer. Wenn du noch was brauchst, ruf einfach.“
Damit ging er und ließ Reid zurück, der begann, sich abzutrocknen und umzuziehen. Erst jetzt, als er die saubere, jedoch fremde Wäsche in den Fingern hielt, wurde ihm bewusst, wie absurd die Situation war. Vorhin hatte er keinen klaren Gedanken fassen können, aber jetzt… Er stand hier nackt im Badezimmer von David Rossi und war im Begriff, seine Unterwäsche anzuziehen! Das war völlig absurd, abgesehen von der Tatsache, dass…
Oh, mein Gott!! Rossi hatte ihm geholfen, sich auszuziehen, genauer gesagt, er hatte ihn ausgezogen. Oh, mein Gott! Röte schoss ihm in die Wangen und er ließ sich schwer auf den Stuhl vor der Kommode fallen. Das durfte doch alles nicht wahr sein! Noch peinlicher hätte er sich nicht benehmen können. David Rosi hatte ihn ausgezogen wie ein hilfloses Kind – und er hatte ihn in Unterwäsche gesehen! Und… sein Blick glitt wieder zu der Unterhose, die er immer noch krampfhaft in den Fingern hielt, er war dabei Daves Unterhosen anzuziehen. Oh, mein Gott!
Er blieb sitzen und tausend Gedanken flogen ihm durch den Kopf. Was mochte David von ihm denken, für wie peinlich musste er ihn halten. Ausgerechnet vor David Rossi hatte er sich zum Vollidioten machen müssen – dem David Rossi!
Seufzend zog er sich schließlich an und schlüpfte in den Bademantel. Er fühlte sich weich und flauschig an, ganz anders, als sein eigener daheim. Unter dem Stuhl standen ein paar Hausschuhe, die in die Kategorie „eine Größe für alle“ fielen. Rossi hatte sie ihm dagelassen und Reid schlüpfte hinein. Er schmunzelte kurz. Er hatte so etwas nicht bei sich zuhause. Falls sich jemand aus einem Schneesturm in seine Wohnung rettete, konnte er sich über eine Decke freuen, aber das war es auch schon, kein Gästebademantel und erst Recht keine Gästehausschuh. Aber es passte zu Rossi, dass er so etwas da hatte, passte sehr gut in das Bild, das Reid sich von dem Halbitaliener gemacht hatte und welches aus all den winzigen Details bestand, die er im Laufe ihrer Zusammenarbeit hatte aufschnappen können. Noch einmal seufzte er. Es blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als hinauszugehen und zu hoffen, dass er sich nicht zu sehr blamiert hatte.
Als er das Wohnzimmer betrat, saß Rossi auf der Couch. Vor ihm stand eine Kanne auf einem Teelichtstöffchen und heißer Dampf entwich aus dem Kannenhals. Die zwei Tassen auf dem Tisch sagten alles und Reid ließ sich in dem Sessel gegenüber nieder.
„Ich hoffe, du trinkst Tee.“, sagte Rossi und schenkte, ohne abzuwarten, ein. „Ich hatte leider keinen Kaffee mehr im Haus.“
Reid nickte. Wenn es sein musste, trank er auch Tee, wobei er Kaffee immer bevorzugte.
Unaufgefordert schob ihm Rossi die Zuckerschale zu und Reid gab 3 Löffel Zucker in die Tasse. Als er aufsah, lächelte David.
„Ich…“, begann Reid, „ich… es tut mir leid, dir all diese Umstände zu machen.“
„Das sind keine Umstände, Spencer“, erwiderte Rossi und Reid stellten sich die Nackenhaare auf, als er David seinen Namen zum zweiten Mal am heutigen Tage sagen hörte. Auf der Arbeit war er immer nur „Doktor Reid“ oder „Reid“. Hier hatte er ihn zum ersten Mal mit seinem Vornamen angesprochen und es machte ihn auf seltsame Weise stolz, dass David das tat.
„Und, ähm, also… ich, naja, also, ich…“, stammelte er, nicht sicher, wie er sich erklären sollte. Rossi schwieg und wartete ab, was Reid zu sagen hatte.
„Ich wollte mich auch noch mal für die Hilfe bedanken. Ähm… vorhin, also, als du… als du mir geholfen hast. Du weißt schon…“ Reids Wangen waren wieder in heißes Rot getränkt und verschämt schlug er die Augen nieder. Es war so peinlich!
David lächelte immer noch, diesmal nachsichtig. „Du warst völlig erschöpft. Das war das Mindeste, das ich tun konnte. Im Gegenteil, du sahst aus, als ob du mir jede Minute zusammenklappen würdest. Alleine hättest du es sowieso nicht tun können.“
Reid führte die Tasse an die Lippen, um nicht antworten zu müssen. David hatte Recht, aber es änderte nichts an der Tatsache, dass es einfach nur unangenehm war.
„Was wolltest du überhaupt hier? Du bist doch nicht durch den Schneesturm gekommen, um mir ein Buch zu geben?“
Reid schaute ihn überrascht an. Das Buch hatte er völlig vergessen.
„Doch… ich… also, du hast mir Dickens Erstausgabe geliehen und ich weiß, wie wichtig dir sie ist, also wollte ich sie dir zurückgeben, damit du sie über die Feiertage bei dir hast. Ich lese immer gerne in meinen Lieblingsbänden, wenn ich ein wenig Ruhe habe. Und ich dachte, naja… du würdest das Buch lieber wieder zurück haben wollen. Vor allem, weil du es mir schon so großzügig geliehen hast.“
Was er nicht sagte war, wie sehr es ihn gefreut hatte, dass Dave ihm die Erstausgabe als Leihgabe überlassen hatte. Er wusste, was sie wert war und fühlte sich geehrt, dass er sie ihm anvertraute. Deshalb hatte er sich auch auf den Weg gemacht, sie ihm zurückzubringen, als ihm siedendheiß eingefallen war, dass sie noch immer in seinem Schlafzimmer auf dem Nachttisch lag.
Rossi starrte ihn entgeistert an. „Bei diesem Wetter? Bist du verrückt geworden?“
Reid schluckte hart. „Als ich mich auf den Weg gemacht habe, sah es noch völlig harmlos aus. Es hat noch nicht mal geschneit. Und auf halbem Weg fing es plötzlich an. Von einer Minute auf die andere habe ich kaum die Hand vor Augen sehen können und die Straße war völlig dicht.“
„Du bist mit dem Auto da?“ Rossi schüttelte den Kopf.
„Ich hab das Auto an der Tankstelle geparkt und bin den Rest gelaufen.“
„Von der Tankstelle aus? Das sind gut und gerne mindestens zwanzig Minuten, bei gutem Wetter. Und du hast dich durch den Schnee hierher gekämpft? Mit dem Buch? – Unfassbar!“, murmelte Rossi mehr zu sich selbst, als zu Reid.
„Stell dir vor, was hätte alles passieren können“, fuhr David fort, „du hättest dich verlaufen können oder ein Bein brechen. Was wäre gewesen, wenn du da draußen gelegen hättest und keiner hätte gewusst, wo du bist?“ Rossis Stimme wurde lauter und Reid beobachtete wie sich sein Gegenüber in Rage redete. „Und das alles nur wegen eines blöden Buchs!“
„Aber es ist Dickens – eine Erstausgabe.“, warf Reid schwach ein, verwirrt, dass David sich so aufregte.
„Und wenn du die Kronjuwelen vorbeigebracht hättest, es ist nicht wert, dein Leben zu riskieren!“
„Aber…“, doch Rossi ließ Reid gar nicht erst zu Wort kommen.
„Schau da raus!“, er deutete zum Fenster, vor dem sich eine weiße Wand aus Eis auftürmte. „Du hättest erfrieren können, Spencer. So lächerlich es klingt, aber du wärst nicht der Erste, der im Schneegestöber die Orientierung verliert und so lange im Kreis läuft bis er zusammenbricht.“
„In Washington?“ Reid wusste genau, dass David recht hatte, aber sein Verstand weigerte sich, ihm zu glauben.
„In Washington.“, betätigte Rossi immer noch wütend, aber nur noch halb so laut.
„Ich…“, Reid sah ihn aus großen Augen an. Er hatte es nicht nur geschafft, sich absolut lächerlich zu machen vor dem Mann, den er verehrte wie keinen anderen, nein, er hatte es ebenfalls geschafft, ihn so aufzuregen, dass seine linke Halsschlagader sich deutlich abhob. Reid kannte das Zeichen und wusste, dass dies in der Regel hieß, dass Rossi sich wirklich ärgerte.
„Ich dachte, es sei dir wichtig. Ich… es tut mir leid“, seufzte er ergeben.
Das zerknirschte Häuflein Elend, das dort vor David auf dem Sofa saß, nahm ihm den Wind aus den Segeln und seine Wut war plötzlich verschwunden. Er stand auf und ging zu Reid herüber. Vorsichtig berührte er ihn an der Schulter. „Natürlich ist es mir wichtig.“, antwortete er und Reid sah ihn an. „Aber nicht wichtiger als du.“
„Du meinst, nicht wichtiger als ein Menschenleben?“
„Nein“, Daves Finger drückten ihn aufmunternd, „ich meine, nicht wichtiger als du, Spencer.“
Reids Herz machte einen Satz. Hatte er eben richtig gehört? Hatte David tatsächlich gesagt, was er gehört hatte, oder bildete er sich das alles nur ein? Vielleicht träumte er und würde in wenigen Minuten aufwachen, nur um festzustellen, dass alles nur ein Produkt seiner übersteigerten Phantasie war. Ein grelles Piepen durchschnitt den Moment und Reid öffnete die Augen, die er geschlossen hatte. Rossi schaute ihn an und das erste Mal seit langer Zeit hatte Spencer das Gefühl, nicht zu wissen, was sein Gegenüber auch nur annähernd dachte.
„Deine Sachen sind trocken“, stellte der Profiler fest, sodass Reid an dem zweifelte, was er eben noch vermeintlich gehört haben wollte. Rossi entließ seine Schulter aus seinem Griff und ging in die Küche. Keine 2 Minuten später kam er wieder mit einem Haufen säuberlich gefalteter Wäsche in seinen Händen. Es waren zwei Minuten gewesen, in denen Reid Zeit gehabt hatte, sich von der Überraschung des Gehörten zu erholen. Und zwei Minuten, in denen er sich immer wieder gefragt hatte, ob ihm sein Verstand nicht doch einen Streich gespielt hatte.
Rossi legte die Kleider auf das Sofa und setzte sich wieder. „Spencer?“
„Hm…“, Reid schreckte aus seinen Gedanken auf.
„Ich habe dich gefragt, wie es dir geht.“
„Was? Ich… ich bin verwirrt.“, erwiderte er aufrichtig ohne weiter nachzudenken. „Hast du… was… was hast du gemeint vorhin? Als du gesagt hast, dass nichts wichtiger ist, als…“ Er brach ab.
„Als du, Spencer.“ Beendete Rossi den Satz. „Ich habe mir wirklich Sorgen gemacht. Wenn ich mir vorstelle, wie du durch den Sturm bist, nur wegen eines Buches. Ich darf gar nicht darüber nachdenken!“
Reids Blick musste so überrascht wirken wie er sich fühlte. Denn Rossi lachte auf.
„Kommt das so überraschend für dich?“
Reid schüttelte den Kopf, antwortete dann jedoch: „Ja. Eigentlich schon. Ich hätte nie gedacht, dass… Ich weiß auch nicht.“
Rossi stand auf und trat zu Reid an den Sessel. Er ließ sich vor ihm in die Hocke nieder, so dass er auf gleicher Augenhöhe war. Spencer sah ihm zu, reagierte jedoch nicht.
„Ich mag dich, Spencer.“, sagte Rossi und es klang so simpel und einfach, dass Reid für einen Moment versucht war, es zu glauben – er wollte es so gerne glauben.
„Aber… ich…. Warum?“ stotterte er.
Wieder lachte Rossi und beugte sich nach vorne, so dass sein Gesicht nah an Reids war.
„Weil du etwas Besonderes bist, Spencer.“
Damit beugte er sich noch weiter vor und drückte seine Lippen leicht auf Reids. Dieser saß wie versteinert da. Rossi verharrte einen Augenblick, suchte in den Zügen vor ihm eine Reaktion – Gefallen, Abscheu… aber Reids Gesichtsausdruck zeigte nur Überraschung und Verwirrung.
„Ich…“, Rossi stand auf und trat einen Schritt zurück. „Entschuldige, Spencer, ich wollte dich nicht so überfallen. Wenn du… also…“, doch bevor er erklären konnte, war Reid aufgesprungen. Mit einem Schritt war er bei Dave und küsste ihn. Es war hastig und hart, so als ob erst jetzt bei Reid angekommen war, was sich eben abgespielt hatte, so als ob er sich davon überzeugen musste, dass dies alles hier real war.
Zögernd löste Spencer sich schließlich und fühlte zwei starke Arme, die ihn umschlungen hielten. „Du weißt gar nicht, wie sehr ich das wollte.“, flüsterte Reid und fühlte wie Arme ihn näher zogen.
„Und ich erst!“, war alles, was David ihm antwortete, bevor er erneut mit seinen Lippen die von Dr. Spencer Reid verschloss, während draußen der Wind, der den beiden Insassen sein ganz eigenes Weihnachtswunder bereitet hatte, heulend ums Haus fuhr.